Das Führungszeugnis - Wann ist man vorbestraft?

Ein Überblick

Strafgerichtliche Verurteilungen haben nicht nur Geld- oder Freiheitsstrafen zur Folge. Vor Antritt einer neuen Arbeit oder wenn man beruflich, ehrenamtlich oder auf sonstige Weise eine Tätigkeit ausüben will, bei der man Kontakt zu Minderjährigen hat, kann ein Führungszeugnis verlangt werden. Enthält dieses Hinweise auf strafgerichtliche Verurteilungen, ist man also vorbestraft, kann das für die erstrebten Tätigkeiten oft das Aus bedeuten.

Was ist ein Führungszeugnis?

Im Bundeszentralregister, welches vom Bundesamt für Justiz in Bonn geführt wird, werden u.a. alle strafgerichtlichen Verurteilungen einer Person aufgelistet. Grundsätzlich unbeschränkte Auskünfte hieraus erhalten in der Regel nur z.B. Gerichte, Staatsanwaltschaften, bestimmte sonstige Behörden und der Betroffene selbst.

Ein Führungszeugnis, umgangssprachlich oft auch „polizeiliches“ Führungszeugnis genannt, ist ein beschränkter Auszug aus dem Bundeszentralregister. Es ist eine behördliche Auskunft des Bundesamtes für Justiz, u.a. über bisher im Bundeszentralregister registrierte Straftaten einer Person. Es gibt letztlich Auskunft darüber, ob man vorbestraft ist oder nicht.

Gesetzlich geregelt ist das Bundeszentralregister und das Führungszeugnis im Bundeszentralregistergesetz (BZRG). Das Führungszeugnis kann jeder Person, die das 14. Lebensjahr vollendet hat, erteilt werden. Es kostet 13 Euro und kann online direkt beim Bundesamt für Justiz in Bonn sowie persönlich oder schriftlich bei der für den Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort zuständigen örtlichen Meldebehörde (Bürgerbüro) beantragt werden.

Es gibt verschiedene Formen des Führungszeugnisses.

Das einfache Führungszeugnis (Privatführungszeugnis)

Das einfache Führungszeugnis (Privatführungszeugnis) – etwa zur Vorlage beim Arbeitgeber, enthält grundsätzlich alle strafgerichtlichen Verurteilungen. Das Gesetz sieht jedoch zahlreiche Ausnahmefälle vor, in denen Verurteilungen nicht in ein Führungszeugnis aufzunehmen sind. Diese Ausnahmen sind Ausdruck des Resozialisierungsgedankens und betreffen vorwiegend sog. „Bagatellverfahren“. So werden z.B. zur Bewährung ausgesetzte Jugendstrafen bis zu 2 Jahren nicht aufgeführt. Gleiches gilt beispielsweise für Erstverurteilungen zu Geldstrafen bis 90 Tagessätzen und Erstverurteilungen zu Freiheitsstrafen bis zu 3 Monaten. Das ändert sich aber mit einer weiteren Verurteilung – auch, wenn die Strafe aus dieser weiteren Verurteilung unterhalb der vorgenannten Grenzen liegt. Zudem gelten zahlreiche Ausnahmefälle nicht mehr bei Verurteilungen wegen bestimmter Sexualstraftaten.

Das Behördenführungszeugnis

Das behördliche Führungszeugnis dient zur Vorlage bei einer Behörde (z.B. bei der Erteilung einer Fahr- oder Gewerbeerlaubnis oder bei Bewerbungen bei einer Behörde) und enthält neben strafgerichtlichen Entscheidungen auch bestimmte Entscheidungen von Verwaltungsbehörden (z.B. Widerruf einer Gewerbeerlaubnis oder eines Waffenscheins). Zudem ist der Umfang der aufzunehmenden Verurteilungen gegenüber dem Privatführungszeugnis erweitert. So können Entscheidungen über eine mögliche Schuldunfähigkeit oder die gerichtlich angeordnete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus aufgenommen werden. Weiter können auch Erstverurteilungen zu einer Geldstrafe von unter 90 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe unter 3 Monaten enthalten sein, wenn die durch die Verurteilung geahndete Tat im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes oder dem Betrieb einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung begangen wurde und das Führungszeugnis für die in § 149 Abs. 2 Nr. 1 Gewerbeordnung bezeichnete Entscheidung bestimmt ist.

Ist ein Führungszeugnis bei einer deutschen Behörde vorzulegen, ist dies bereits bei der Antragstellung bei der Meldebehörde anzugeben. Das Führungszeugnis wird der Behörde durch das Bundesamt für Justiz unmittelbar übersandt. Die Behörde hat der den Antrag stellenden Person auf Verlangen Einsicht in das Führungszeugnis zu gewähren. Die den Antrag stellende Person kann aber auch verlangen, dass das Führungszeugnis, sofern es Eintragungen enthält, zunächst an ein von ihr benanntes Amtsgericht geschickt wird, um es dort einsehen zu können. Nach der Einsichtnahme wird das Führungszeugnis an die Behörde weitergeleitet oder, falls die Antrag stellende Person dem widerspricht, durch das Amtsgericht vernichtet.

Erweitertes Führungszeugnis

Ein erweitertes Führungszeugnis benötigen z.B. Personen, die beruflich, ehrenamtlich oder in sonstiger Weise Tätigkeiten ausüben, bei der sie Kontakt zu Kindern oder Jugendlichen haben (z.B. in der Kita, der Kindertagespflege, in der Schule oder im Sportverein). Von einem regulären Führungszeugnis unterscheidet sich das erweiterte Führungszeugnis durch seinen Inhalt. Hier werden beispielsweise auch diejenigen Verurteilungen wegen „geringfügigerer“ Sexualdelikte (wie z.B. Erregung öffentlichen Ärgernisses, exhibitionistischer Handlungen oder Verbreitung pornografischer Schriften) eingetragen, die im einfachen Führungszeugnis nicht enthalten sind.

Europäisches Führungszeugnis

Ein europäisches Führungszeugnis erhalten Personen, die -neben oder anstatt der deutschen – die Staatsangehörigkeit eines oder mehrerer anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union besitzt. Das europäische Führungszeugnis enthält neben dem deutschen Führungszeugnis die Mitteilung über Eintragungen im Strafregister des Herkunftsmitgliedstaates in der übermittelten Sprache, sofern der Herkunftsmitgliedstaat eine Übermittlung nach seinem Recht vorsieht.

Wann werden Einträge aus dem ‚‚einfachen" Führungszeugnis ‚‚gelöscht"?

Bis auf bestimmte schwerwiegende Ausnahmefälle (bei lebenslangen Freiheitsstrafen, Sicherungsverwahrung oder der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) werden Verurteilungen nach Ablauf bestimmter Fristen nicht mehr in das Führungszeugnis aufgenommen. Die Länge der Fristen richtet sich grundsätzlich nach der verhängten Strafe. Es gelten im Wesentlichen folgende „Löschungsfristen“:

3 Jahre bei

  • Geldstrafen
  • Freiheitsstrafen bis 3 Monate
  • Bewährungsstrafen bis 1 Jahr (wenn Bewährung nicht widerrufen wurde und keine weitere Freiheits- oder Jugendstrafe im Bundeszentralregister eingetragen ist)
  • Jugendstrafen bis 1 Jahr
  • Jugendstrafen über 2 Jahre, wenn ein Strafrest nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen worden ist (hier verlängert sich die Löschungsfrist um die Dauer der Freiheitsstrafe)

10 Jahre ( zuzüglich der Dauer der verhängten Freiheitsstrafe) bei Verurteilung zu Freiheits- oder Jugendstrafe über 1 Jahr wegen bestimmter Sexualdelikte. 


5 Jahre (zuzüglich der Dauer der verhängten Freiheitsstrafe) in allen übrigen Fällen.
Längere Löschungsfristen bestehen bei dem sog. erweiterten Führungszeugnis. Hier werden bestimmte Verurteilungen, insbes. wegen bestimmter Sexualdelikte erst nach 10 oder sogar 20 Jahren (zum Teil zuzüglich der Dauer der verhängten Freiheitsstrafe) gelöscht

Sind im Register mehrere Verurteilungen eingetragen, so sind sie bis auf bestimmte Ausnahmen alle in das Führungszeugnis aufzunehmen, solange eine von ihnen in das Führungszeugnis aufzunehmen ist.“


Wann gilt man als vorbestraft?

Umgangssprachlich gilt man als vorbestraft, wenn man von einem Strafgericht zu einer Strafe verurteilt worden ist. Das wäre letztlich bei jeder Verurteilung, die auch im Bundeszentralregister aufzunehmen ist, der Fall. Zum Zwecke der Resozialisierung der Betroffenen gilt man aber nicht wegen jeder strafgerichtlichen Verurteilung als vorbestraft.

Der Verurteilte darf sich vielmehr grundsätzlich als nicht vorbestraft bezeichnen und braucht den der Verurteilung zugrundeliegenden Sachverhalt nicht zu offenbaren, wenn die Strafe nicht in einem Führungszeugnis aufgeführt ist bzw. wenn sie nach Ablauf der „Löschungsfristen“ nicht mehr in ein Führungszeugnis aufzunehmen ist, sie also „gelöscht“ worden ist. Ausnahmen gelten insofern in bestimmten Fällen gegenüber Gerichten und Behörden.

Verurteilungen wegen einer Ordnungswidrigkeit (z.B. wegen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit oder wegen „Falschparkens“) und Verfahrenseinstellungen führen nicht zu einer Vorstrafe.

Portrait Christian Kucera

Über den Autor

Grüße aus Dortmund! Mein Name ist Christian Kucera und ich bin Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht sowie Ex-Staatsanwalt. Seit über 24 Jahren bin ich in Dortmund und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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