Festnahme, Verhaftung, Haftbefehl im Strafverfahren
Von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht Christian Kucera, 15.02.2025
Die Festnahme oder Verhaftung aufgrund eines Haftbefehls ist für viele Menschen eine belastende Erfahrung, die häufig aus heiterem Himmel kommt. Gerade in solchen Momenten ist es wichtig, Ruhe zu bewahren und die eigenen Rechte zu kennen. In diesem Beitrag erkläre ich Ihnen, was Sie tun sollten, wenn Sie selbst betroffen sind oder ein Angehöriger oder Freund festgenommen wird.
Sie haben auch das Recht, einen Angehörigen über Ihre Festnahme bzw. Verhaftung zu benachrichtigen. Hierbei sollten Sie es aber unbedingt vermeiden, mit dem Angehörigen am Telefon über den Vorwurf zu sprechen.
Eine Festnahme ist eine vorläufige Maßnahme, bei der eine Person festgehalten wird, z. B. wenn sie auf frischer Tat ertappt wird oder Fluchtverdacht besteht (§ 127 Strafprozessordnung - StPO). Sie kann von der Polizei oder unter bestimmten Umständen sogar von Privatpersonen durchgeführt werden. Wird die festgenommene Person nicht wieder entlassen, muss sie unverzüglich, spätestens am Tage nach der Festnahme dem Haftrichter vorgeführt werden, der dann darüber entscheidet, ob die Person entlassen wird oder weiter in Haft bleibt.
Eine Verhaftung ist eine längerfristige Freiheitsentziehung, die aufgrund eines Haftbefehls erfolgt. Sie dient dazu, eine Person in Haft zu nehmen, wenn sie einer Straftat verdächtigt wird und bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.
Der Untersuchungshaftbefehl ist in der Praxis besonders bedeutsam und dient der Sicherung des Strafverfahrens. Für ihn müssen im Wesentlichen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:
Bei dringendem Tatverdacht auf bestimmte Straftaten der Schwerkriminalität (z.B. Mord, Totschlag oder schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern) braucht ein solcher Haftgrund nicht vorliegen (§ 112 Abs. 3 StPO) bzw. kann unter weniger strengen Voraussetzungen vom Haftrichter angenommen werden.
Die Strafprozessordnung sieht weitere Arten von Haftbefehlen vor, die je nach Zweck und Situation eingesetzt werden können. Besonders praxisrelevant sind hierbei, insbesondere folgende Haftbefehle:
Ein Sicherungshaftbefehl kann nach § 230 Abs. 2 StPO angeordnet werden, wenn ein Angeklagter ohne genügende Entschuldigung einer gerichtlichen Hauptverhandlung fernbleibt und eine ordnungsgemäße Durchführung des Verfahrens dadurch gefährdet ist.
Ist ein Angeklagter bereits zu einer Freiheitsstrafe mit Bewährung verurteilt worden und bestehen Gründe zur Annahme, dass die Bewährung widerrufen wird, kann gegen ihn ein Sicherungshaftbefehl nach § 453c StPO erlassen werden, wenn er zum Beispiel flüchtig ist. Damit soll gewährleistet werden, dass die gegen ihn verhängte Strafe auch vollstreckt werden kann.
Dieser Haftbefehl wird erlassen, wenn eine rechtskräftig verhängte Freiheitsstrafe vollstreckt werden soll und der Verurteilte die Strafe nicht freiwillig antritt.
Nach einer Festnahme oder Verhaftung läuft das weitere Verfahren in der Regel wie folgt ab:
Die Dauer der Untersuchungshaft ist gesetzlich nicht starr begrenzt, unterliegt jedoch strengen Regeln und Kontrollen. Es gilt der Beschleunigungsgrundsatz, wonach der Beschuldigte einen Anspruch darauf hat, dass Ermittlungsbehörden und Gerichte den Fall bevorzugt und beschleunigt bearbeiten. Grundsätzlich darf U-Haft nicht länger als 6 Monate dauern. Nur in Ausnahmefällen – etwa bei besonders schwierigen oder besonders umfangreichen Ermittlungen – kann sie (durch das zuständige Oberlandesgericht) verlängert werden.
Die Zeit, die man in Untersuchungshaft (U-Haft) verbracht hat, wird auf eine möglicherweise später verhängte Strafe in der Regel vollständig angerechnet (§ 51 Strafgesetzbuch, StGB).
Ein Haftbefehl oder eine Festnahme ist eine belastende Situation – doch es gibt rechtliche Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren. Vor allem folgende Rechtsschutzmöglichkeiten stehen zur Verfügung:
Haftprüfung (§ 117 StPO)
Jede in Untersuchungshaft befindliche Person kann eine
Haftprüfung beantragen. Dabei prüft das Gericht, ob die Voraussetzungen für die Haft (insbesondere Haftgründe, dringender Tatverdacht und Verhältnismäßigkeit) noch vorliegen. Falls dies nicht (mehr) der Fall ist oder eine mildere Maßnahme ausreicht, kann das Gericht den Haftbefehl aufheben oder unter Auflagen außer Vollzug setzen.
Haftbeschwerde (§ 304 StPO)
Zusätzlich oder alternativ kann eine
Haftbeschwerde eingelegt werden. Hebt das Gericht seinen Haftbefehl auf eine Haftbeschwerde nicht selbst wieder auf, wird er von einem übergeordneten Gericht überprüft. Ist die Beschwerde erfolgreich, kann der Haftbefehl aufgehoben werden.
Antrag auf Außervollzugsetzung (§ 116 StPO)
Ein Haftbefehl kann unter bestimmten Voraussetzungen auch „außer Vollzug“ gesetzt werden. Das bedeutet, dass der Haftbefehl „auf dem Papier“ zwar bestehen bleibt, aber die
Inhaftierung aufgehoben wird und der Betroffene freigelassen wird und Auflagen erfüllen muss – beispielsweise regelmäßige
Meldepflichten, eine
Kaution oder die
Abgabe des Reisepasses.
Welche Vorgehensweise im Einzelfall die beste ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab – etwa den konkreten Haftgründen oder der Beweislage. Ein erfahrener Strafverteidiger kann die aussichtsreichste Strategie wählen und die entsprechenden Anträge stellen.
Wenn das Verfahren gegen Sie eingestellt, das Hauptverfahren nicht eröffnet wird oder Sie vom Gericht freigesprochen werden, haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Entschädigung nach dem Strafrechtsentschädigungsgesetz (StrEG).
Bei einer Festnahme oder Verhaftung und einem Haftbefehl brauchen Sie professionelle Hilfe durch einen erfahrenen Strafverteidiger.
Er klärt Sie über Ihre Rechte auf, insbesondere über das Schweigerecht, überprüft die Rechtmäßigkeit der Festnahme oder des Haftbefehls und beantragt gegebenenfalls Ihre sofortige Freilassung. Zudem erhält er Akteneinsicht, entwickelt eine Verteidigungsstrategie und begleitet Sie zu Vernehmungen. Falls Untersuchungshaft angeordnet wurde, kann der Anwalt eine Haftprüfung oder Haftverschonung beantragen oder eine Haftbeschwerde einlegen. Darüber hinaus begleitet er Sie im gesamten Strafverfahren und steht auch Angehörigen beratend zur Seite.
Ein erfahrener Strafverteidiger setzt sich konsequent für Ihre Rechte und Ihre schnellstmögliche Freilassung ein und berät in allen weiteren Fragen rund um das Thema.
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Über den Autor
Grüße aus Dortmund! Mein Name ist Christian Kucera und ich bin Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht sowie Ex-Staatsanwalt. Seit über 24 Jahren bin ich in Dortmund und bundesweit als Strafverteidiger tätig.
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